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Minoxidil für den Bart: Wundertinktur oder Teufelszeug?

Photo by Fares Hamouche on Unsplash

Minoxidil ist eigentlich gegen altersbedingten Haarausfall, wird im Netz aber auch oft als heimliches Bartwuchsmittel angepriesen. Es gibt Minoxidil Schaum und Minoxidil Lösung. Bislang jedoch nicht als spezielles Mittel für den Bart. Warum nicht? Ist etwas dran, an den haarsträubenden Geschichten (Wortspiel beabsichtigt), bei denen Minoxidil zwar den Bartwuchs angeregt hat, dafür aber das Haupthaar ausfallen ließ?

Inhaltsverzeichnis

Was ist Minoxidil eigentlich und wie wirkt es?

Ursprünglich kam Minoxidil in den 1970er Jahren als Mittel gegen Bluthochdruck auf den Markt. Bekannte Nebenwirkung: erblicher Haarausfall wird vermindert und sogar eine Verstärkung des Haarwuchses erreicht. Damit lässt sich auch Geld verdienen! Und so wurden in rasender Geschwindigkeit Studien durchgeführt und eine Lösung zur äußerlichen Anwendung bei Haarausfall auf den Markt gebracht.

Wie Minoxidil den Haarausfall verhindert bzw. das Wachstum fördert, ist weitgehend unbekannt. Man geht davon aus, dass mindestens ein Teil der Wirkung auf eine Durchblutungsförderung zurückzuführen ist. Warum Minoxidil aber in der Lage ist, im Haarwachstumszyklus die Ruhephase zu verkürzen und die Wachstumsphase schneller zu erreichen, weiß man nicht.

Shedding und Hobbit-Füße: die Risiken und Nebenwirkungen von Minoxidil

Von Rötungen bis Schwindel gibt es so einige Nebenwirkungen. Schauen wir uns hier nur die der haarigen Sorte an. Shedding. Bei altersbedingtem Haarausfall bringt Minoxidil die Haarwurzel dazu, neue Haare zu bilden.

Auch, wenn bereits ein Haar dort wächst. Wie im echten Leben wird Altes durch Neues abgelöst: das neue Haar drängt das alte heraus. Im Ergebnis verstärkt sich der Haarausfall zunächst.

Um das Phänomen weniger beängstigend zu machen, verwendet man einfach den englischen Begriff. „Shedding“ bedeutet nichts anderes als „Haaren“, klingt für den Deutschen aber deutlich putziger. Da das neue Haar dank Minoxidil kräftiger ist, wird Shedding bei erblich bedingtem Haarausfall als gutes Zeichen interpretiert.

Haare überall. Der Hersteller gibt an, dass Minoxidil auch außerhalb des Anwendungsbereiches die Haare wachsen lassen kann. Dies wird auch von vielen Anwendern beschrieben. Da wachsen auf einmal dunkle Haare auf Armen, am Bauch und auf den Fußrücken, was eigentlich den Hobbits vorbehalten ist.

Ein Zeichen dafür, dass selbst bei der äußerlichen Anwendung ein Teil des Wirkstoffs in die Blutbahn gerät und munter tut, was es eigentlich nur dort tun soll, wo es aufgetragen wurde. Die Haare entstehen dort nicht aus dem Nichts. Der menschliche Körper ist bis auf Lippen, Hand- und Fußflächen eigentlich vollständig behaart.

Da es sich um hauchfeine, unpigmentierte Haare handelt (Vellushaare), sieht man sie jedoch kaum. In der Pubertät werden beim Mann 90% und bei Frauen etwa 45% dieser Vellushaare in dunkle und kräftige „Terminalhaare“ umgewandelt. Das, was wir gemeinhin als „Haar“ bezeichnen. Genau diese Umwandlung scheint Minoxidil auszulösen.

Und so kommen wir endlich zum Bart.

Minoxidil als Bartwuchsmittel: Tausche Bart gegen Haupthaar?

Bei altersbedingtem Haarausfall sind Männer für den Rest ihres Lebens auf die Verwendung von Minoxidil angewiesen, sofern sie ihre Haare behalten wollen. Beim Bartwuchs soll dies anders sein.

Auf den Bartseiten der Welt wird dies dadurch erklärt, dass Minoxidil in der Bartregion die feinen Vellushaare in Terminalhaare verwandelt – also genau das nachholt, was Mutter Natur in der Pubertät versäumt hat. Ist die Verwandlung vollständig und sitzt die Haarwurzel tief genug in der Haut, dann läuft die Kiste auch ohne Minoxidil weiter.

Das soll nach etwa einem Jahr der Minoxidil-Anwendung erreicht sein. So die Theorie. Praxiserfahrungen im Netz berichten jedoch teilweise davon, dass die Barthaare nach dem Absetzen von Minoxidil wieder ausfielen. Auch wenn Minoxidil über ein Jahr verwendet wurde.

 Viel beängstigender ist jedoch das Shedding. Viele, die Minoxidil für den Bart verwenden und nie unter Haarausfall gelitten haben, berichten von Shedding auf dem Kopf. Einige wenige sogar davon, dass der Haarausfall auch nach dem Absetzen blieb und sie den Einsatz von Minoxidil zutiefst bedauern.

Kopfhaar-Burnout?

Es gibt keine ernstzunehmenden Studien darüber, was Minoxidil mit Haupthaar macht, das nicht altersbedingt eh schon ausfällt.

Auf jeden Fall kann man davon ausgehen, dass die Haarwurzeln auf dem Kopf einen Impuls bekommen, den sie nicht brauchen.

Stell dir einfach vor, du arbeitest schon auf 100% und wirst immer noch weiter angetrieben. Ich würde mich nicht darauf verlassen wollen, dass meine Kopfhaare keinen Burnout erleiden. Dabei handelt es sich jedoch um meine ganz persönliche Meinung und Befürchtung.

 Minoxidil wird bei Bluthochdruck und bei Haarausfall eingesetzt und ist damit eigentlich ein Paradebeispiel für die Findigkeit von Pharmafirmen, mit einem Wirkstoff gleich zwei Problemzonen abzudecken.

Warum gibt es also noch keine Bartverpackung? Der Sprung vom Kopf- auf das Barthaar ist doch echt nicht mehr weit. Mich macht es stutzig. Auf einigen Seiten wird von einer Studie berichtet, die die Wirksamkeit und Sicherheit von Minoxidil für den Bartwuchs belegen soll (Efficacy and safety of minoxidil 3% lotion for beard enhancement: A randomized, double-masked, placebo-controlled study, Journal of Dermatology 2016).

Die ist auf jeden Fall ein Witz. Sie lief lediglich über 16 Wochen und nicht über die überall empfohlene Anwendungsdauer von (mindestens) einem Jahr. Abgesehen davon wurde sie auch nur als „Letter to the Editor“ veröffentlicht. Das ist – böse formuliert – die Wissenschaftlerversion eines Leserbriefes.

Minoxidil: mach ich’s oder lass ich’s bleiben?

Tja, diese Frage muss jeder selbst für sich beantworten. Fakt ist: es gibt im Netz unglaublich viele Erfolgsgeschichten – aber auch eine ganze Reihe, bei denen der Schuss nach hinten los gegangen ist.

Vielleicht, weil sie es zu früh abgesetzt haben. Vielleicht aber auch nicht. Die Frage ist also: bist du bereit das Risiko einzugehen. Könntest du damit leben, wenn du zwar einen Bart bekommst, aber dafür deine Kopfhaare einbüßt? Oder möchtest du vielleicht lieber zunächst zu harmloseren Möglichkeiten greifen, einen dichteren Bartwuchs zu bekommen?

 Katzenhalter, die sich für den Versuch entscheiden, sollten auf jeden Fall sehr vorsichtig sein. Bereits geringe Mengen von Minoxidil können bei Hautkontakt für Katzen tödlich enden.